Schwangerschaft mit Mukoviszidose1

Dank der medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte ist der Wunsch, ein eigenes Kind zu bekommen, auch für viele Patient*innen mit Mukoviszidose erfüllbar geworden. Zwar ist die Fruchtbarkeit durch die Erkrankung – vor allem bei Männern – prinzipiell eingeschränkt, doch es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, dies durch medizinische Unterstützung auszugleichen.

Schwangerschaft mit Mukoviszidose1

Dank der medizinischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte ist der Wunsch, ein eigenes Kind zu bekommen, auch für viele Patient*innen mit Mukoviszidose erfüllbar geworden. Zwar ist die Fruchtbarkeit durch die Erkrankung – vor allem bei Männern – prinzipiell eingeschränkt, doch es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, dies durch medizinische Unterstützung auszugleichen.

Der Weg zum Wunschkind2

Für die eingeschränkte Fruchtbarkeit bei Mukoviszidose gibt es verschiedene Ursachen. Bei Frauen kann die veränderte Zusammensetzung der Schleimhaut im Gebärmutterhals die Spermien ausbremsen. Zudem ist bei Untergewicht mit hormonellen Störungen zu rechnen, die den Zyklus verlangsamen und die Zahl der Eisprünge senken. Man schätzt, dass die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden ca. 20 % im Vergleich zu gesunden Frauen beträgt – was im Umkehrschluss aber bedeutet, dass Frauen trotz Mukoviszidose auf natürlichem Wege schwanger werden können. Unterstützend können hormonelle Verfahren zum Einsatz kommen, und nur selten wird eine In-vitro-Fertilisation (Befruchtung im Glas) erforderlich.

Anders ist die Situation bei Männern mit Mukoviszidose: Der Großteil von ihnen ist zeugungsunfähig. Bei vielen fehlen die Samenleiter und wichtige Teile der Nebenhoden, darüber hinaus sind auch die Samenblase und der Ejakulationskanal häufig fehlgebildet. Dies bedeutet nicht, dass eine Vaterschaft ausgeschlossen ist, doch medizinisches Eingreifen ist erforderlich: Die betroffenen Männer sind zwar in der Lage, Spermien zu bilden, doch diese können nicht auf natürlichem Wege nach draußen gelangen, sodass sie im Ejakulat nicht zu finden sind.

Den ersten Untersuchungsschritt stellt ein Spermiogramm dar. Wenn aus diesem eine unzureichende Spermienzahl hervorgeht, stehen zwei operative Wege zur Auswahl: Die mikrochirurgische ependymale Spermatozoen-Aspiration (MESA) und die testikuläre Spermatozoen-Extraktion (TESE).

Bei diesen Verfahren werden Spermien operativ entweder aus den Nebenhoden oder aus den Hoden entnommen. Mit den so entnommenen Spermien erfolgt dann in der Regel eine In-vitro-Fertilisation (Befruchtung im Glas) oder die direkte Injektion in eine weibliche Eizelle, da auf diese Weise die Chance einer Befruchtung höher ist als auf natürlichem Weg.

Dies bedeutet jedoch, dass auch die Partnerin stark in die Behandlung einbezogen ist: Sie muss sich einer entsprechenden Hormonbehandlung unterziehen und sich anschließend die Eizellen entnehmen lassen.

Kranken­kassen übernehmen nicht alle Kosten2-4

Die Kosten für eine künstliche Befruchtung werden in den ersten drei Behandlungsversuchen zur Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sofern neben einigen medizinischen Voraussetzungen auch soziale Faktoren gegeben sind:

Eine In-vitro-Fertilisation (Befruchtung im Glas) kostet pro Zyklus rund 2000 Euro – es müssen also 1000 Euro selber gezahlt werden. Durch sogenannte Satzungsleistungen sind diese Regeln bei einigen gesetzlichen Krankenkassen etwas gelockert – es lohnt sich demnach, sich bei seiner Krankenkasse zu informieren.3 Eine testikuläre Spermatozoen-Extraktion TESE kostet zwischen 800 und 1500 Euro und wird von den meisten Kassen teilweise übernommen.4

Vorher muss ein entsprechender Behandlungsplan samt Kostenschätzung bei der Krankenkasse eingereicht und genehmigt werden. Zusätzlich sollte vor jeder geplanten Schwangerschaft nach Möglichkeit neben einem ausführlichen Gespräch mit der/dem betreuenden Ärzt*in auch eine genetische Beratung sowie ein Test des Partners oder der Partnerin erfolgen, da die Krankheit autosomal-rezessiv vererbt wird: Wenn nur ein Elternteil an Mukoviszidose erkrankt ist, sollte geklärt werden, ob die/der nicht erkrankte Partner*in ebenfalls ein CF-Gen trägt.

Ist dies nicht der Fall, werden die Kinder selbst zwar nicht erkranken, können die Krankheit aber übertragen. Ist der gesunde Partner oder die Partnerin jedoch selbst Genträger, beträgt das Erkrankungsrisiko für das ungeborene Kind 50 %.2

Mutter werden mit Mukoviszidose5

Immer mehr Frauen mit Mukoviszidose werden Mutter – trotz ihrer Erkrankung. Erstmals geschah dies im Jahr 1960, doch damals starb die Mutter wenige Wochen nach der Geburt. Seitdem hat sich die medizinische Versorgung grundlegend verbessert: Inzwischen gibt es sehr viele Frauen, die Schwangerschaft und Geburt trotz Mukoviszidose gut überstehen, die mit ihren Kindern leben und ihre Erkrankung im Griff haben. So viele, dass im Jahr 2008 eine medizinische Leitlinie veröffentlicht wurde, die speziell die Versorgung von Schwangeren mit Mukoviszidose zum Fokus hat.

„Schwangerschaft ist keine Komplikation der Mukoviszidose, aber die Mukoviszidose kann eine Schwangerschaft komplizieren“, schildert Dr. med. Christina Smaczny, Leiterin der Erwachsenenambulanz des Christiane Herzog CF-Zentrums am Universitätsklinikum Frankfurt. „Deshalb müssen Ärzte, Therapeuten und die Familie gemeinsam mit der werdenden Mutter an einem Strang ziehen.“

Wenn möglich, sollte die Schwangerschaft gut geplant werden. Dazu gehören Beratungsgespräche mit der/dem vertrauten CF-Ärzt*in, der/dem Gynäkolog*in und auch mit einer/m Humangenetiker*in. Bei der humangenetischen Beratung steht neben dem Vererbungsmuster der Mukoviszidose vor allem das individuelle Mutationsspektrum der/s Patient*in im Vordergrund. Außerdem sollte immer eine Untersuchung der Partnerin/des Partners erfolgen, um festzustellen, ob sie/er möglicherweise ein Gen mit CF-Mutation in sich trägt, das jedoch klinisch nicht in Erscheinung getreten ist. In dem Fall besteht ein 50-prozentiges Risiko für das ungeborene Kind, selbst an CF zu erkranken. Ist die/der Partner*in kein Anlageträger, wird das Kind selbst keine Mukoviszidose bekommen, aber in jedem Fall ein mutiertes CF-Gen tragen, das es möglicherweise später an eigene Kinder weitervererbt.

Das Gespräch mit der/dem CF-Ärzt*in sollte neben medizinischen Aspekten wie dem aktuellen Gesundheitszustand, der Infektionshäufigkeit, möglicherweise bestehenden Begleiterkrankungen und der medikamentösen Therapie [Link: https://www.muko-experte.de/therapie], auch psychosoziale Gesichtspunkte zum Thema haben. Denn die Mukoviszidose überdauert die Schwangerschaft – sie bestimmt das Leben der Mutter auch nach der Geburt weiter. Es kann schwierig sein, neben der Versorgung des Babys auch noch Zeit für die eigene Therapie zu finden. Daher empfiehlt es sich, die Kinderversorgung schon im Vorfeld gut zu planen und auch zu organisieren, wer einspringen kann, wenn die Mutter aufgrund ihrer Krankheit dazu mal nicht in der Lage ist.

Während der Schwanger­schaft5

Bei einer Schwangerschaft mit Mukoviszidose ist damit zu rechnen, dass während der Schwangerschaft Infekte, Krankheitsschübe etc. ähnlich häufig auftreten wie zuvor.

Mit anderen Worten: Je besser der Gesundheitszustand vor Beginn der Schwangerschaft ist, desto besser sind die Aussichten auf einen guten Verlauf. Günstig sind daher ein FEV 1 über 75–80 %, wenig pulmonale Infekte, ein normaler Body-Mass-Index und ggf. ein gut eingestellter Diabetes.

Dagegen gelten als Risikofaktoren ein FEV 1 unter 50 %, ein erhöhter Kohlendioxidgehalt im Blut (pCO2 > 45 mmHg), Untergewicht, ein Cor pulmonale (Lungenherz: Ausdehnung und Erweiterung der rechten Herzkammer) mit Lungenhochdruck und das Vorliegen von Begleitkrankheiten wie z. B. schlecht eingestellter Diabetes, Leber- oder Nierenfunktionsstörungen. Zwar ist auch nach einer Lungentransplantation bei gutem Allgemeinzustand eine Schwangerschaft möglich, die Abstoßungsgefahr ist jedoch erhöht.

In jedem Fall ist eine engmaschige Betreuung sowohl von der/vom Gynäkolog*in als auch von CF-Spezialist*innen wichtig. Daher sollte man sich nicht auf Dreimonatsintervalle beschränken, sondern idealerweise häufiger in die Ambulanz kommen – auch wenn keine Probleme vorliegen.

Denn während der Schwangerschaft können einige CF-bedingte Komplikationen auftreten, die möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden sollten. Dazu zählen Infekte, da diese zu dieser Zeit schwieriger zu behandeln sind: Manche Antibiotika sind während der Schwangerschaft verboten. Doch auch vermehrte Atemnot, Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und der Anstieg der Leberwerte sollten ernstgenommen werden. Darüber hinaus besteht das erhöhte Risiko einer Frühgeburt.

Vor und nach der Geburt5

Zum Ende der Schwangerschaft sollte die Geburt geplant werden. Dabei stellt sich zunächst die Frage: Kaiserschnitt oder spontan entbinden?

Wenn keine gynäkologischen Gründe dagegensprechen und der Gesundheitszustand der werdenden Mutter es zulässt, ist eine Spontangeburt die bessere Wahl. Denn nach einer vaginalen Entbindung erholen sich Frauen deutlich schneller als nach einem Kaiserschnitt. Nach der Geburt sollte möglichst früh mit der Physiotherapie  begonnen werden. Darüber hinaus hilft körperliche Betätigung, die Thrombosegefahr zu senken.

Grundsätzlich ist Stillen auch bei Mukoviszidose möglich, denn die Zusammensetzung der Muttermilch wird durch die Erkrankung nicht beeinflusst. Aus ernährungsphysiologischer und allergologischer Sicht ist Muttermilch die beste Ernährung für ein Baby – da sind sich Gynäkolog*innen einig. Doch das Stillen erhöht den Kalorienbedarf der Mutter beträchtlich. Während der Mehrbedarf in der Schwangerschaft lediglich zwischen 200 und 300 Kilokalorien pro Tag liegt, steigt er in der Stillzeit auf 500 – ein Mehrbedarf, der für viele CF-Patientinnen kaum zu schaffen ist.

Sofern kein Infekt vorliegt und keine Antibiotika eingenommen werden müssen, kann bedenkenlos gestillt werden. Sollte das Stillen zwischenzeitlich zu fordernd sein, ist das Fläschchen eine gute Alternative.

REFERENZEN
  1.  Mukoviszidose e. V.: Mukoviszidose. Ursache, Krankheitsbild und Therapie. Informationen für Patienten, Angehörige und Interessierte. 2018. URL: https://www.muko.info/fileadmin/user_upload/mediathek/erkrankung/cf_basisbrosch%C3%BCre.pdf (zuletzt aufgerufen am 05.03.2021).

  2. Dr. med. Sabine Zirlik: Kinderwunsch und CF. Vortrag im Rahmen der Herbstfortbildung Mukoviszidose, Erlangen, 12.10.2013

  3. Mukoviszidose e. V.: Kinderwunsch. URL: https://www.muko.info/informieren/fuer-betroffene/kinderwunsch/ (zuletzt aufgerufen am 05.03.2021).

  4. Andrologie-Praxis Singen: TESE (Testikuläre Spermienextraktion). URL: https://www.andrologie-singen.de/tese (zuletzt aufgerufen am 05.03.2021).

  5. Dr. med. Christina Smaczny: Schwangerschaft mit Mukoviszidose. Vortrag im Rahmen der Herbstfortbildung Mukoviszidose, Erlangen, 12.10.2013.