Lebensmittelindustrie und Ernährungstrends Teil 1 – Superfood
Der folgende Bericht basiert auf dem Vortrag „Superfood – wie super ist es wirklich?“ von Annett Mattern, Diätassistentin des Mukoviszidose-Zentrums der Uniklinik Heidelberg, vom 18. November 2020 im Rahmen der 23. Deutschen Mukoviszidose Tagung.

Was ist Superfood?

Mit Superfood assoziieren wir gesunde, besonders nährstoffreiche Lebensmittel, die einen hohen Anteil an Vitaminen, Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien oder anderen wertvollen Inhaltsstoffen aufweisen. Hierzu gehören Nüsse und Samen, Kakaobohnen, bestimmte Beeren und Wurzeln, Algen, Kräuter, Gewürze, Tees und vieles mehr aus der botanischen Welt. Aber auch z.B. Fische mit einem hohen Omega-3-Fettsäuren-Gehalt.
Eine offizielle Definition von „Superfood“ gibt es nicht, räumte Annett Mattern in ihrem Vortrag zu Beginn ein. Das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel bezeichne „Lebensmittel, insbesondere Obst und Gemüse, die aufgrund ihres Nährstoffgehaltes einen höheren gesundheitlichen Nutzen als andere Nahrungsmittel haben“, als Superfood.1 Das Zentrum liefere aber auch die Einschränkung: „[…] und obwohl wissenschaftliche Studien oft positive gesundheitliche Wirkungen ergeben, lassen sich die Resultate nicht unbedingt auf die reale Ernährung übertragen.“

Kommerzielle Interessen überwiegen

Es ist vor allem die Lebensmittelindustrie, die den Begriff Superfood für ihr Marketing ausschöpft. Superfoods werden in allen möglichen Varianten, als Pulver, in Kapselform oder in anderen Produkten wie Backwaren, Müsli, Shakes oder Joghurt angeboten. In der Regel handelt es sich um aufbereitete Waren und weniger um frische Lebensmittel. Es sei die zum Teil exotische Erfahrung neuer Geschmackserlebnisse mit Produkten, die möglicherweise einen hohen Gehalt an Wirkstoffen haben, die diese Superfoods so erfolgreich machen, vermutet Mattern. Ein gewisser Placebo-Effekt, sich und seiner Gesundheit etwas Besonderes zu gönnen, könnte ebenfalls vermutet werden.

Andere Länder - andere Richtlinien

Viele Superfoods kommen aus Ländern, in denen andere Vorschriften gelten. Entsprechend können die Lebensmittel mit Schwermetallen, wie Kadmium oder Arsen, belastet sein. Auch die Hygienebedingungen in den Herkunftsländern entsprechen häufig nicht unseren Standards – ein Beispiel ist die Legionellen-Gefahr.

Nicht nur der Nährstoffgehalt bleibt oft auf der Strecke

Ein weiterer Haken sind die langen Wege vom Erzeuger zum Verbraucher. Durch die langen Lieferzeiten kann sich der hohe Nährstoffgehalt reduzieren, sodass nicht gewährleistet ist, ob der Anteil der Wirkstoffe am Ende wirklich noch so hoch ist wie postuliert. Außerdem werden „Superfoods“ oft unreif geerntet. Dies könnte dazu führen, dass sich die Inhaltsstoffe nicht vollständig ausbilden.
Überhaupt enthalten viele industrielle Superfood-Produkte nur sehr geringe Mengen an Super-Wirkstoffen, so die Ansicht der Diätassistentin – ein Blick auf die Inhaltsangaben der Produkte lohne sich. Oft könnten sie den Tagesbedarf nicht decken.

Superfood – ökologisch sinnvoll?

Nicht zuletzt sollte überlegt werden, ob diese Superfoods ökologisch tatsächlich sinnvoll sind. Denn unabhängig vom Transport wird durch die gestiegene Nachfrage nach Superfoods die Landwirtschaft in den Herkunftsländern zunehmend auf die jeweiligen Monokulturen umgestellt. Die Folgen sind ein ökologisches Ungleichgewicht und eine Bedrohung der Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung. Aufgrund der steigenden Nachfrage erreichen diese Lebensmittel oft Preise, die von den Erzeugern in den Anbauländern gar nicht mehr bezahlt werden können. Das Produkt wird dann hauptsächlich für den Export produziert, und die Agrarfläche steht nicht mehr für die Versorgung der einheimischen Bevölkerung zur Verfügung.

Superfood ganz einfach

Doch es geht auch anders, denn Superfood-Produkte finden wir auch reichlich zuhause, wie Mattern eindrucksvoll an einigen Beispielen erläuterte. So habe eine Packung Goji-Beeren den gleichen Anteil an Vitaminen wie eine Handvoll Erdbeeren oder eine Paprika und der Kalziumgehalt entspräche einem Glas Milch. Als einheimische Superfood-Produkte gelten beispielsweise rote Bete, Walnüsse oder Grünkohl. Und es stehen viele weitere gesunde Beeren- und Getreidesorten, Gemüse, Bohnen, Nüsse und andere Lebensmittel wie Milchprodukte zur Verfügung. Gemeinsam decken diese Lebensmittel alles ab, was Superfoods enthalten.

Für die Diätassistentin liegen die Vorteile damit auf der Hand:

  • Durch die regionale Verfügbarkeit sind Transportwege kürzer.
  • Die Lebensmittel sind abwechslungsreich und können selbst verarbeitet werden.
  • Die Schadstoffbelastung ist geringer.
  • Der Preis für die Lebensmittel ist günstiger.

Für die Diätassistentin liegen die Vorteile damit auf der Hand:

Durch die regionale Verfügbarkeit sind Transportwege kürzer.

Die Lebensmittel sind abwechslungsreich und können selbst verarbeitet werden.

Die Schadstoffbelastung ist geringer.

Der Preis für die Lebensmittel ist günstiger.

Superfood im Alltag mit Mukoviszidose?

Menschen mit Mukoviszidose können bestimmte Nährstoffe schlechter aufnehmen oder haben einen erhöhten Bedarf. Hierzu gehören die Vitamine A, D, E, K, das Provitamin Beta-Carotin sowie Omega-3-Fettsäuren, Natriumchlorid, Kalzium, Magnesium, Zink, Eisen und Selen. Da reichen einheimische Superfoods manchmal nicht aus und es muss auf Nahrungsergänzungsmittel oder ärztlich verordnete Präparate zurückgegriffen werden.
Achtung: Ernährungsstudien werden fast immer an Gesunden getestet und nur zum Teil in Zusammenhang mit Medikamenten. Die Goji-Beere zum Beispiel zeigt Wechselwirkungen mit blutverdünnenden Medikamenten. Deswegen sollten Superfoods nur in Abstimmung mit der Ernährungsfachkraft eingenommen werden.

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